LIVE das Wochenspiegelmagazin 3/2000
 
   
 

Bruder Wolfgang läßt die Puppen tanzen!

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser!

Bescheiden sind Sie, die Mitglieder des Franziskaner-Ordens.Wir fanden jedoch,dass man sein Licht nicht zu sehr unter den Scheffel stellen sollte.Vor allem dann nicht, wenn von Bruder Wolfgang die Rede ist. Jener Ordensbruder schaffte es, in Vossenack mit den "De Strippkes Trekker" ein Marionettentheater ins Leben zu rufen,das weit und breit seinesgleichen sucht. Wie beliebt Vossenack unter den Puppenspieleren ist, zeigt alljährlich das "Pupparium Spectaculum", zu dem die namhaftesten Puppenspieltheater in die Eifel kommen, um ihre Spielkünste zu zeigen. LIVE stellt Ihnen die"Strippkes Trekker", das Puppentheaterfestival sowie Bruder Wolfgang in einem Porträt ausführlich vor.

"Mach was draus"
Wie aus dem Marionettentheater "De Strippkes Trekker" aus Vossenack ein Kulturträger der Extraklasse wurde. LIVE hakte nach!

Vor 20 Jahren gründete sich das Marionettentheater "De strippkes Trekker" (Niederrheinisch: Die Fadenzieher) im Vossenacker Franziskusinternat. Auf eine Feier verzichtete man, um sich aufs Spiel zu konzentrieren.Und so begann es:

Als bloße Freizeitbeschäftigung baute damals Bruder Wolfgang Mauritz eine Marionette. Der Leiter des Internates war zu dieser Zeit P. Herbert Schneider. Er entdeckte die Puppe und meinte nur zu Bruder Wolfgang: "Mach was draus!" .Gesagt,getan- 14 Unterstufenschüler aus dem Internat bauten innerhalb von 3 Monaten jeder eine Puppe, bastelten eine Bühne und schrieben gemeinsam ein orientalisches Märchen um. Diese wurde auf dem Internatstag aufgeführt und war ein voller Erfolg.

Drauf los gespielt
Außergewöhnlich ist sicherlich,dass die Strippkes Trekker direkt mit dem Marionettenspiel starteten, welches große Fähigkeiten an die Spieler voraussetzt. Sie stiegen sozusagen direkt in der "obersten Klasse" ein. "Wir haben,"erklärt Bruder Wolfgang,"einfach drauflos gespielt und alles ausprobiert." So haben sie im Laufe der Jahre ihre Fähigkeiten immer gesteigert. Hilfreich war dabei auch der Beitritt 1982 in die Rheinische Arbeitsgemeinschaft für Puppenspile des Bezirks Aachen e.V. und der dadurch folgende Beitritt in die älteste Theaterorganisation der Welt die UNIMA (Union Internationale de la Marionette).

Kontakt zu Profis
Dort wurden Kontakte zu Berufsspielern und Puppenspielerfamilien geknüpft,die eine große Hilfe und Unterstützung für die Vossenacker waren. Der große Durchbruch gelang schließlich mit der Aufführung "Der kleine Prinz".Das Ensemble umfaßt mittlerweile zwei Generationen. Die Mitspiler sind im Alter von 14 bis 53 Jahren. Jährlich werden ca.30 Aufführungen vor über 2500 Zuschauern gegeben.


Keine Jubelfeier
Am 03.03.2000 wurden die "Strippkes Trekker" 20 Jahre alt.Auf eine große Feier verzichteten sie aber bewusst, um die so ersparten Gelder und Ideen in ihr alljährliches Festival "Pupparium Spectaculum" stecken zu können. Lediglich ehemalige und aktive Mitglieder werden gemeinsam feiern und dürfen sich auf eine Überraschung freuen.


Kleines Lexikon
Pupparium Spectaculum:
Name des jährlich im Mai stattfindenden Figurentheaterfestivals in Vossenack


herbst-speci-spectacel
kleines Figurebtheaterfestival jährlich im Herbst/Winter


De Strippkes Trekker
Name des Marionettentheaters Vossenack,Sitz im Franziskusinternat


Palazzo Puppazzi
Name für den festen Theaterraum mit 50 Plätzen

Mäxchen Maus
das Maskottchen


Cafe´ Mäxchen
kleines Theatercafe

Ein Pfadfinder der die Puppen liebt
Als Autodidakt schaffte es Bruder Wolfgang Mauritz,Kinder,Jugendliche und Erwachsene für das Puppenspiel zu begeistern.

Bruder Wolfgang Mauritz rief das MArionettentheater "De Strippkes Trekker" ins Leben und machte die Truppe zu einem wichtigen Kulturträger unserer Region.LIVE stellt den ungewöhnlichen Ordensmann in einem Porträt vor.

Am 21.10.1956 in Meerbusch geboren machte Wolfgang Mauritz die mittlere Reife und eine Ausbildung als Musterzeichner und Dessinateur im Bereich Design in Krefeld. Durch seine Aktivitäten als Pfadfinder kam er mit Franziskanern in Kontakt und entschloss sich, nachdem er einige Jahre ins Klosterleben reingeschnuppert hatte, dem Orden beizutreten.

Pfadfinder
1979 wurde er als Erzieher in das Internat nach Vossenack versetzt.Seine Liebe zum puppenspiel hat er schon früh während seiner Pfadfinderzeit entdeckt. Dort hat er auch bemerkt, dass es durch das Medium Puppe möglich ist,mit Kindern völlig offen und unbeschwert zu reden. Gegenüber der Puppe öffneten sie sich uimmer vollkommen. So wusste er als Gruppenleiter immer genau,wie es seiner Gruppe ging und konnte gezielt bei Problemen helfen.

Spiele für Geschwister
Auch für seine vier Geschwister hat er Puppenspiele erfunden.So war es eigentlich nicht verwunderlich,dass Bruder Wolfgang gerne dem Rat von internatsleiter Schneider nachging und eine Marionettengruppe gründete."Ohne die Unterstützung der Franziskaner,"berichtet Bruder Wolfgang dankend,"wäre es kaum möglich gewesen, eine solche Gruppe beständig am Leben zu erhalten.Sie haben uns gehoplfen wo sie nur konnten."

Autodidakt
Bruder Wolfgang ist Autodidakt, hat sein Wissen aber immer weitergegeben. So hat er Kurse in marotten und Marionettenbau gehalten.Dies war ein willkommener Ausgleich zu seiner erzieherischen Tätigkeit. Als Prinzipal der Gruppe ist seine Hauptaufgabe, alles rund um die Gruppe zu organisieren.Jedoch gehört auch nicht unwesentlich die Motivation der Mitglieder und das Einbringen neuer Ideen zu seinen Tätigkeiten.

Stückeschreiber
Momentan schreibt Bruder Wolfgang an einem neuen Stück,welches das Leben des heilihgen Franziskus in überraschender Weise darstellen möchte.Er ist zu recht stolz auf die Leistungen seiner eingeschworenen Truppe und hofft, noch viele schöne Theaterabende mit ihr zusammen zu erleben.


Hauptdarsteller Marke Eigenbau
Die Strippkes Trekker aus Vossenack sind längst über das bloße Theaterspielen hinaus.Sie sind Komponisten,Handwerker und Kulissenschieber.

In der Theaterwerkstatt werden die Hauptakteure, die Puppen, gebaut und repariert.Was reizt Jugendliche daran, bei den Strippkes-Trekkern mitzumachen? LIVE traf zwei begeisterte Schüler, die eine Antwort gaben:

Tobias Schür (13), Gymnasium Vossenack:
"Ich bin schon ein halbes Jahr dabei. In unserem neuen Stück spiele ich die Fische und bin nebenher für allerlei Requisiten zuständig.Mir macht das Spielen ungeheuren Spaß und ich finde es toll, dass Jung und Alt (bis zu 53 Jahren) miteinander ein klasse Hobby ausüben."

Marcel Rak (14), Hauptschule Kleinhau:
"Der Kulissenbau und die Proben machen wirklich Freude.Toll war auch unser Ausflug nach Magdeburg, aber trotz allem- der absolute Höhepunkt ist immer noch die Aufführung selbst.Als ich zum erstenmal ein Stück sah, habe ich mich sofort entschlossen,mitzumachen."


Mehr als Theater
Die Strippkes Trekker sind mehr als nur eine Theatergruppe. Alle Fuguren werden von den Mitgliedern in der eigens dafür eingerichteten Theaterwerkstatt selbst angefertigt. Der Kopf wird modelliert und bemalt,die Hände kunstvoll gestaltet, der Körper geschreinert und die Kleider genäht. Mittlerweile nähen sogar Eltern und Großeltern mit. In Eigenarbeit wurde 1989 im Internat ein Theaterraum mit 50 Plätzen, der "Palazzo Puppazzi", eingerichtet.

Künstlerklause
Überhaupt unterstützten die Franziskaner die Strippkes Trekker wo sie nur konnten.So wurden weitere Räume für ein Theatercafe´ und eine Künstlerklause zur Verfügung gestellt. Aber nicht nur Puppen werden gebaut, auch der Bau der Kulissen, die Installation der Technik und das Schreiben der Stücke geschieht alles in Zusammenarbeit. Sogar die Musik wird eigens komponiert. Nach soviel Arbeit haben sich die Akteure Erholung verdient,und diese erhalten sie auf Ausflügen des Ensembles nach Nürnberg, Lübeck oder natürlich Augsburg,um die Profis in der Puppenkiste zu bewundern.